Die Zeit vor der Gründung

Die Geschichte der offiziellen Freimaurerei beginnt im Jahre 1717 mit Gründung der ersten Großloge (später UGLoE) in London, die nur Männern vorbehalten war. Diese genehmigte 1723 das bedeutsame Statut von Reverend James Anderson, das die sog. "Alten Pflichten" enthält. In diesen ist nur von Männern die Rede, insb. aber enthalten die Pflichten ein Passus, daß nur "freie Männer von gutem Rufe" aufgenommen werden könnten. "The Persons admitted Members of a Lodge must be good and true Men, free-born, and of mature and discreet Age, no bondmen, no Women, no immoral or scandalous Men, but of good Report". Dieser Passus ist vielzitiert und steht leider neben seinen viel edleren Absichten für die Ausgrenzung von Frauen aus der althergebrachten Freimaurerei.

Fortan war die Geschlechterfrage ein stetiger Streitpunkt, waraus sich zwangsläufig dann ein Großteil der Geschichte der gemischten (d.h. für Männer UND Frauen) Freimaurerei ergibt. Die Freimaurerei entwickelte sich in den kommenden Jahrhunderten quasi ausschließlich maskulin. Es gibt jedoch Hinweise, daß bereits vor besagtem Jahr 1717 gemischte Logen existierten. Oder es auch sonst einige Ausnahmen whrscheinlich sind.

In Hamburg wurde im Jahr 1759 eine Loge gegründet, die sowohl Männer als auch Frauen aufnahm. Zu nennen sind auch die in den Jahren 1905/06 gegründeten gemischten O.T.O.-Logen, die dann aber bald auf anderen Wegen weitergingen. Es gab weiters sog. "Adoptionslogen". Damit waren gemischte Logen bezeichnet, die allerdings nicht selbstständig waren, sonderen einer maskulinen Loge zugordnet und auch einen anderen Ritus besaßen.

Von der weitgehend frauenfeindlichen Grundstimmung der Gesellschaften der kommenden 2 Jahrhunderte blieb auch die Freimaurerei nicht verschont. Jene Stimmung schlug sich auch in der fehlenden rechtlichen Bewegungsfreiheit der verheirateten Frau nieder, sie verlohr mit dem Ja-Wort ihre Rechte. Damit blieb für Frauen mit dem "freien Mann von gutem Rufe" selbst dann noch ein Widerspruch mit "frei", wenn man das "Mann" hierin als generischen Maskulin von Mensch, also als Bezeichnung einer gemischten Gruppe, interpretiert, wie es in gemischten Logen heute gemacht wird.

Die Anfänge der offiziellen gemischten Freimaurerei

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde es ruhig um die Frauenfrage bis dann 1882 in die französische Loge "Die drei Freidenker" eine Frau, Maria Deraimes, aufgenommen wurde. Als es im folgenden zu Spannungen kam, als weitere Frauen aufgenommen werden sollten, gründeten Maria Deraimes und George Martin 1893 die erste gemischte Großloge "Le Droit Humain". "Le Droit Humain" breitete sich von Frankreich aus in den folgenden Jahrzehnten in ganz Europa aus, später auch international.

Die Gründung von "Zur Erkenntnis"

In Deutschland wurden die ersten gemischten Freimaurerlogen ebenfalls durch den "I.O.C.F. Le Droit Humain" (DH) gegründet. Dies waren zunächst im Jahre 1921 Logen in Frankfurt/M. und in Hamburg. Die erste Aufbauarbeit geschah von Frankfurt aus unter der Schirmherrschaft der holländischen Föderation des DH im deutschsprachigen Raum. In Berlin wurde 1927 ein Dreieck errichtet, es folgte 1928 eine Logengründung in Wien.

Im Jahre 1929 wurde die Berliner Loge 906 "Zur Erkenntnis" gegründet, Mitglied im DH, bestehend aus zunächst 7 Brüdern und Schwestern. Über die Arbeit der Loge bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten ist nichts weiter bekannt.

Der Krieg

Im Jahre 1933 mußten aufgrund des Gesamtverbots der Freimaurerei alle Logen geschlossen werden. Es gelang weitgehend, die Unterlagen zu vernichten und der Verfolgung zu entgehen. Die Gründungsmitglieder, sofern nicht vorher verstorben, konnten sich durch Flucht aus Deutschland einer Einweisung ins KZ entziehen. Von den anderen Mitgliedern waren Häuser und Wohnungen zerstört und es war nicht zu ermitteln, ob sie unter den Trümmern ruhten oder irgendwie entkommen waren. Auch der Oberste Rat des Droit Humain in Paris konnte nicht weiterarbeiten. Die Ordensleitung wurde der Britischen Föderation übertragen.

Die Nachkriegszeit

Nach dem Krieg wurden zuerst die Loge 726 Goethe (im Jahr 1949, heute "Goethe zum Flammenden Stern") in Frankfurt” und die Loge 914 "Hansa" in Hamburg wiedereröffnet. Später beauftragte der Oberste Rat des Droit Humain in Paris erneut die Holländische Föderation des Droit Humain mit der Wiedereröffnung einer Loge in Berlin. Auf ein Inserat in den Zeitungen hatte sich keines der ehemaligen Mitglieder gemeldet, dafür aber eine Anzahl Interessierter.

Am 14.2.1954 erfolgte dann die feierliche Wiederlichteinbringung in die Loge "Zur Erkenntnis" mit 16 eilig ernannten Meistermaurern. Für den holländischen Bruder, der das Ritual vornahm, war dies ein besonderer Moment, denn dies war derselbe Bruder, der vor 25 Jahren das Licht in die Loge "Zur Erkenntnis" getragen hatte und es nun nach der dunklen Zeit wieder entzünden durfte.

Die Wiedereröffnung der Loge wurde in der Presse bekannt gegeben und hatte zur Folge, daß sich 2 der Gründungsmitglieder daraufhin meldeten und als Ehrenmitglied aufgenommen wurden.

Besonderer Dank kommt bei dem Wiederaufbau der Loge "Georges Martin" im Orient Den Haag zu, deren Miglieder die Berliner Schwestern und Brüder instruierten. Deren Rituale wurden von einer Berliner Schwester übersetzt und seitdem in Berlin mit nur unwesentlichen Änderungen benutzt.

Anfangs wurden sowohl die Vorhöfe als auch alle Rituale, einschließlich Einweihungen, Beförderungen, Erhebungen und Sommer- und Winterjohannesfest in der Wohnung einer Schwester durchgeführt. Erst 1982 konnte ein Mietvertrag im Logenhaus in Berlin-Wilmersdorf, Emserstrasse für die rituellen Arbeiten geschlossen werden.

Die Gründung von Humanitas

Am 28.1.1958 kam es im Orient Frankfurt zur Gründung der selbstständigen Deutsch-Österreichschen Jurisdiktion des Droit Humain. Zu diesem Zeitpunkt bestanden in D/Ö folgende gemischte Logen des Droit Humain:

Sowohl zu diesem Zeitpunkt, als auch in der folgenden Zeit nahmen die holländischen Schwestern und Brüder häufig an Ritualen in D/Ö teil. Die junge D/Ö Jurisdiktion hatte anfangs mit Schwierigkeiten zu kämpfen, teils durch das Machstreben von einzelnen, was die Harmonie störte zum Obersten Rat störte, teils durch Auseinandersetzungen, die von der Herkunft einiger der ersten Mitglieder nach dem Krieg aus der Teosophischen Gesellschaft rührte. Folge dieser Schwierigkeiten war, daß sich "Goethe", "Henri Dunant","Pythagoras" und "Jupiter" aus dem Verband des Droit Humain lösten. Dies führte 1959 zur Gründung des Internationalen Freimaurerordens "Humanitas" in Deutschland und Österreich unter dem Dachverband "Catena". Zu diesem Zeitpunkt gehört "Zur Erkenntnis aber noch zum Droit Humain.

Das Intermezzo der FGL

Unter dem Patronat der Loge "Zur Erkenntnis" wurde 1976 ein Dreieck in Karlsruhe installiert. Das hierfür erforderliche Ritual wurde ebenfalls von einer Schwester aus dem holländischen übersetzt. 1979 fand die Lichteinbringung in diese Loge "Zur Wahrheit" (Karlsruhe) statt. 1976 haben hier erstmalig eine Schwester und ein Bruder freimaurerisch geheiratet.

Gegen Ende der 80er Jahre wuchs die Unzufriedenheit der deutschen Logen mit der Führung durch den obersten Rat des Droit Humain in Paris immer mehr. Dies wurde von "Zur Erkenntnis" nicht in dem Maße empfunden, sie schloß sich aber aus Solidarität den anderen Freimaurer logen bei ihrem Austritt aus dem Droit Humain an.

Ein weiterer Grund für die Trennung aus Sicht von "Zur Erkenntnis" war, die Stellung des obersten Rates zu den österreichischen Logen des Droit Humain. Diese hatten eine enge Bindung zu den maskulinen Logen Österreichs, die ihnen zugesichert hatten, ihre Tempelräume kostenlos zur Verfügung zu stellen, sofern in die gemischten Logen nur Frauen aufgenommen würden. Männliche Suchende sollten sofort an die maskulinen Logen weitergereicht werden. Dies verstieß gegen eines der Hauptgebote der gemischten Freimaurerei. Da der oberste Rat nicht zum Einlenken in dieser Sache bereit war, beschloß zur Erkenntnis dies nicht mehr zu akzeptieren.

Am 1.11.1992 fand die konstituierde Sitzung der "Freimaurer-Großloge für Männer und Frauen -Deutschland-" (FGL) statt. Ihr gehörten einige Brüder und Schwestern der Logen "Zur Erkenntnis" (Berlin), "Zur Wahrheit" (Karlsruhe), "Zum geistigen Licht" (Heidelberg), "Hansa" (Hamburg).

Der Eintritt in Humanitas

1995 bahnte sich in der FGL eine Entwicklung an, die in der Absetzung des Grossredners durch den Großmeister gipfelte. Da dieses Recht allein dem Konvent vorbehalten ist, war dies eine irreguläre Entscheidung, die dennoch von den übrigen Grossbeamten stillschweigend geduldet wurde. Dies führte schließlich mit dem Austritt der Berliner Großbeamten und der Loge "Zur Erkenntnis".

1996 tritt "Zur Erkenntnis" aus der FGL aus und arbeitet die kommenden Jahre als autonome Loge weiter, ohne einem Dachverband anzugehören. Die FGL beendet im Juni 1996 ihre Tätigkeit.

Im März 2003 tritt nun letztendlich auch "Zur Erkenntnis" in Humanitas ein. Humanitas hat sich inzwischen in "Freimaurergroßloge Humanitas für Männer und Frauen" umbenannt.

Das Verhältnis zwischen den anderen gemischten Berliner Logen "Immanuel Kant" (Humanitas), Albert Schweizer (Droit Humain) ist inzwischen sehr gut, was sicher auch auf gute persönliche Kontakte zwischen einzelnen Brüdern und Schwestern zurückgeht, und ist von regem Austausch und gegenseitigen Ritual-Besuchen begleitet.